Anderen zu helfen ist ein Grundmuster zwischenmenschlicher Beziehungsdynamik und immens wichtig für die Menschheit. Aber wo liegt jetzt die Grenze zwischen solidarischer Hilfe und pathologischer Hilfe? Wann wird Helfen zur Sucht und schlussendlich zum Frust?

Anita (Name frei erfunden) hat im Büro für jeden, der Sorgen hat, ein offenes Ohr. Sie hilft auch, wenn sie viel zu tun hat, bleibt dann eben mal länger am Abend oder muss ihren Abgabetermin schieben. Ihr Chef ist darüber nicht erfreut. Gerne übernimmt sie zusätzliche Aufgaben, für die es keinen Zuständigen gibt, obwohl sie schon genug zu tun hätte. Sie ist auch die einzige, die einen selbstgebackenen Kuchen für das Team mitbringt, alle erinnert, wer bald Geburtstag hat und die Karte organisiert. Oft bleibt der Dank der anderen aus aber das ist sie sich schon gewohnt. Hin und wieder kommt eine Bitterkeit hoch und sie denkt: «niemand weiss zu schätzen was ich mache». Es ist ein schweres Los, aber sie weiss, am besten geht es ihr, wenn sie anderen helfen kann. Anita ist ein Mensch, der gibt, sie ist ein «Geber».

Was ist denn schlecht daran? Wann wird das «Geben» zu viel? Ich selbst merke es daran, wenn mein Gegenüber meine Hilfe gar nicht möchte, dann stutze ich und frage mich, warum mache ich das überhaupt. Zum Beispiel wollte ich unbedingt meiner Mutter eine Putzhilfe organisieren. Ich war der Meinung, sie sollte das in ihrem hohen Alter nicht mehr selbst tun. Es endete in einem heftigen Streit, weil meine Mutter sich bevormundet fühlte. Ich wollte doch nur helfen! Leider helfen die «Geber» auch, wenn es nicht gefordert oder gewünscht ist, auch wenn es ihnen selbst schadet oder manchmal auch den anderen. Meine Mutter hat selber eine Putzhilfe gefunden, eine die ihr passt und das ohne meine Hilfe.

Sind auch Sie ein «Geber»? Das ist etwas Wunderbares, wenn Sie auf sich schauen und das «Ja» zu den anderen nicht ein «nein» zu Ihnen selbst ist. Sie müssen Sich nicht ändern, seien Sie stolz ein «Geber» zu sein aber achten Sie auf Sich und auf die Ausgewogenheit zwischen Geben und Nehmen. Sagen Sie auch mal Nein, wenn es zu viel wird. Helfen Sie nie ungefragt, fragen Sie immer, ob die Hilfe erwünscht ist. Seien Sie Sich bewusst, dass Sie wertvoll sind, auch wenn Sie nicht gerade jemandem helfen. Nehmen Sie Sich Zeit für Sich und das nicht nur 5 Minuten im Tag. Fordern Sie selbst Hilfe ein, wenn es notwendig ist. Wenn Sie es mal wieder übertrieben haben und sich schlecht fühlen, reden Sie mit vertrauten Personen darüber oder mit Ihrem Coach. Werden Sie Sich bewusst, was hinter Ihrem «Helfen» steckt.

Erstmalig wurde das Helfersyndrom in den 70ern von dem Psychoanalytiker Wolfgang Schmidbauer beschrieben, der den Begriff vor allem für berufliche Aufopferung in sozialen Berufen gebraucht hat. Entscheidend für das Syndrom sind die Motive, die hinter dem Helfen-wollen stecken. Geht es darum, einem Leidenden aus akuter Not zu helfen, dann ist dies zutiefst menschlich, solidarisch und auch eine soziale Pflicht. Eine notwendige Hilfeleistung. Verliert der Helfende aber regelmäßig seine eigenen körperlichen und seelischen Bedürfnisse aus den Augen und hilft der- oder diejenige in erster Linie, um sich selbst aufzuwerten, um Anerkennung, Zuwendung und Bestätigung zu finden, wird das Helfen pathologisch. Helfen wird hierbei das Mittel zum Zweck. Man erkennt Menschen mit Helfersyndrom oft daran, dass sie ihre Hilfsbereitschaft auch dann nicht reduzieren, wenn die Hilfe gar nicht mehr benötigt wird oder die Helfenden längst überlastet und ausgelaugt sind, ausgenutzt und missbraucht werden. Die Folgen, Enttäuschung, Ärger, Erschöpfung, Schwermut, Stresserkrankungen bis hin zur Depression.

Fühlen Sie sich angesprochen oder haben Sie weiterführende Fragen? Gerne unterstütze ich Sie zu diesem Thema in einem Life Coaching.

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